Freitag, 6. März 2009

Friday the 13½ or How to get the Uwe-Boll-Award

Preisrede:
Marcus Nispels Remake des von Müllfreunden als Klassiker markierten "Friday the 13th" (1980 von Sean S. Cunningham originär in Szene gesetzt) startete Dank eines grandiosen Einfalls der
Werbestrategen am – Freitag, den 13. Februar, doch wurde er der, nach einer Schwemme recycelter Produkte eh nur mäßig interessierten Presse vorenthalten (aber auch jenen die bei allem was sie Zwangsverpflichtet abarbeiten ekstatisch Jubeln). Eine Entscheidung der Verleiher die als Indiz für mangelndes Vertrauen ins eigene Produkt gelten darf.
Neuinterpretationen sind Teil des Filmgeschäftes, das es kaum KritikerInnen gibt die ein Remake für gelungen Beurteilen hält keinen davon ab diese immer wieder dem nachwachsenden Publikum feilzubieten, es scheint hinreichend profitabel die Filmgeschichte zu verramschen und gleichzeitig an der Neuen Lüsternheit auf Gewalt zu partizipieren. Regisseure die sich solcherart Verdingen zählen zum Bodensatz des Kinos, auch wenn nicht wenige Filmbesprecher von eigenen Gnaden in diesen Werken die Quadratur des Kreises wittern, da die Gewalt dort angekommen ist wo sie ihrer Meinung nach hingehört: ins Zentrum der Darstellung. Dabei wird rücksichtsloser den je auf die Sensation gesetzt, die Werbung wird zum Mantra des Obszönen: Extrem. Blutig. Konsequent. Brutal. Verstörend. Ob dies auf das jeweilige Werk zutrifft ist Belanglos, wichtig ist die so erweckte Aufmerksamkeit. So wurde unlängst in Hamburg zum Start des fünften „Saw“-Films auf dem beanstandeten Plakat mit den enormen Querbalken der Zensur geworben um auch dem simpelsten Gemüt zu bedeuten, das dies etwas ist das verboten, als anstößig empfunden wurde – und umso dringlicher gesehen sein will. Elemente des subtilen gelten bei Machern wie Konsumenten als verpönt. Verantwortliche verstehen sich als Genre-Regisseure die demselben neue Impulse zu geben suchen oder sie behaupten frech dem riginalwerk Referenz erweisen zu wollen.

Wie sieht es also mit Nispel aus, der nach einer Zusammenarbeit mit „Pearl Harbor“- und „Transformers“-Regisseur Michael Bay zum ersten gemeinsamen Remake „The Texas Chainsaw Massacre“ (2003) erneut von ihm produziert wird? Zuerst einmal fehlt ein stimmiges visuelles Konzept, stattdessen sieht man ein Durcheinander das sich Gegenseitig in seiner Banalität übertrifft. Da sind keine überlegt kreierten Szenen, keine suggestiven visuellen Brennpunkte, nur gereihte Momente von Halbtotale/ Kranfahrt/ Nahaufnahme denen die erzählende Struktur fehlt, prätentiös Glänzen wollen – was Daniel Pearl hinter der Kamera zu verantworten hat. Pearl, dessen erster Film Tobe Hoopers „The Texas Chainsaw Massacre“ von 1974 als extraordinärer Beitrag zur Verfallsgeschichte des Homo Technicus gilt, drehte danach meist Musikvideos bis er zum neuen texanischen Massaker auf Nispel traf. Mit manchen meint es das Schicksal eben nicht gut.
Kamera und Regie bekämpfen sich unaufhörlich, jeder versucht sich nach vorne zu drängen um das einfallslose Drehbuch umzusetzen. Dazu kommt ein misslungenes Timing des Filmschnitts und eine Dramaturgie die in B-Pictures der 50er Jahre en vogue aber schon zu Zeiten des Originals überholt war. Aufgesetzt sind die Versuche den Figuren ein Profil zu verpassen, lächerlich die Verrenkungen der Charaktere um zwischen dem Abschlachten irgendwas zu zeigen. Mechanisch werden Fallstricke die aus Teenagern Opfer macht abgespult. Aufdringlich all die in den Wäldern postierten Scheinwerfer um Szenen Stimmungsvoll ausleuchten, ein Disco-in-the-woods mit Taschenlampen wo Hitparadenklänge die Prä-Mörderei untermalen. Das Ergebnis eines Wochenendkurses in „Home-Video-Making“, verantwortet von einen der meint dass seine Vorliebe für ausgewaschene Farben zum ästhetischen Konzept reicht. Zum abwinken, kein Deut besser als das Original. Darum ein...

Zwischenwort:
Kino ist oft nur ein Glotzen – wenn etwa zu viel Dialog den Spaß verdirbt. Der Unterhaltungswillige muss mitarbeiten um visuelles und akustisches zu vereinen. Bei geringer Datenverarbeitungsgeschwindigkeit darf man den Prozessor nicht überlasten, so macht man bei den Kapazitätsfordernden Dialogen Abstriche. Filme mit wenig oder leicht verständlichem Wort sind die Beliebtesten. Deren Urvater ist George Lukas, sein "Star Wars" (1977), war der erste erfolgreich tönende Stummfilm. Rührig wie Lukas jeder normalen Satzstellung eine möglichst simple Alternative bastelte. Er war darin so Erfolgreich das es in "Star Wars" keine zwei Sätze gibt die hintereinander gesprochen Sinn machen. Heute wird diese Innovation von Autoren längst als erste Kunst verlangt. Immer weniger bieten Unterhaltungsfilme mehr als das nötigste in schlagwortartigen Brocken an. Derart verschont von der Last Filme auf sprachlicher Ebene verstehen zu müssen, kann man sich ganz dem Flackern und Dröhnen widmen. Auch da hat Lukas seine Finger drin, mit seinem THX-Zertifikat, der "Totalen Hörgeschädigten Extension" erreichte er die erste weltweite akustische Gleichschaltung. Mittlerweile gibt es nur noch im Vatikanstaat Kinos die sich nicht das Lukaskreuz an die Wand genagelt haben. Dort mag man wie eh den Mono-Klang der Kirche ... nun Geräusche als Effekte, die gibt es also derart in Qualität und Quantität im modernen Film als auch in völlig übertriebener Lautstärke und an den unpassendsten Stellen in Nispels Arbeit das man sich wundert wie da mehr als drei Worte Zeit ist was zu sagen. Da sich jedoch die meisten Seelenzustände der Anglomanen mit den Begriffen "Shit", "Fuck" und "Oh my God" (was schon als literarisch gilt) ausdrücken lassen kann man diese – ohne das sie stören – zwischen Explosionen oder Pistolenschüssen platzieren. Die Anspruchsvollen lassen sich aber auch mal zu Reminiszenzen an Filmklassiker verführen wenn sie statt das schnöde "Shit" zu bringen, aus den "Hillbilly Gore-Killers" von 1976, "Shit - mich hat's erwischt!" zitieren. Auch der Nispel versteht sich als A-Gardist. Nehmen wir an das im Original das Opfer durch einen Pfeil ins Auge getötet wird, er hingegen würde sein Schlachtvieh durch einen Bolzenschuss in die Genitalien abarbeiten - man kann's ja auch übertreiben Nispel! Doch weil's überall so gemacht wird (und US-Baumärkte dieses Marktsegment Sponsoren) muss mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden (im genital-heimwerklerischen Sinne.) Dennoch: die dargestellte Gewalt hält sich vergleichsweise in Grenzen. Wer an „Hostel“, „Saw“ oder „Frontier(s)“ gewöhnt ist findet hier schlampiges Handwerk, sieht das Nispel nicht in der Lage ist den im Genre inzwischen üblichen Extremen Gestalt zu geben. Oder wollte man der Zensur zuvorkommen und sich darauf beschränken was einem Teenager-Zielpublikum vorgesetzt werden darf? Mitnichten, an debile Erotikstreifen der 70er Jahre angelehnte Sexszenen sprechen dagegen, in den Staaten hat er hierfür keine Jugendfreigabe bekommen. Trotz schludrigen Abhakens der Tötungsdelikte wurde die gewonnene Zeit nicht genutzt um der Erzählung Raum zu geben. So kommen wir zum...

Helden:
Der Held heißt Jason dessen diverse Darsteller anders als die der Opfer nun zum zwölften Mal ihren Scheck kassieren. Da Feuer speiender Stiere Mangelware sind lässt er seine Wut am Film-Teenager aus. Diese gibt es in allen Farben, Formen, Größen, sie treten in praktischen Familienpackungen auf, sind meist Fettarm, wunderbar dämlich und daher leicht einzuwickeln (wenn man Wert auf Leichentücher legt), laufen mit ganzem Herzen (sofern sie es eine Viertelstunde nach Filmbeginn noch haben) ins Messer, in die Axt und legen sich nett vor die laufende Kettensäge um den oft deformierten Laufapparat des jeweiligen Metzgers zu schonen - meist gehen diese ja, langsam, fast bedächtig, aber wie eine unaufhaltsame, fiese, monströse Naturgewalt kommen sie näher und näher ... und noch näher. Warum die fit-fidelen Appetithäppchen es nicht schaffen ihre Rekordzeiten vom Sportunterricht in diesen Situationen einzusetzen ist eines der bestgehüteten Geheimnisse der Branche. Straffer Schenkel, sich wölbender Bizeps, Waschbrettbauch, keine Orangenhaut und dennoch kriechen sie wie Oma joggt und wenn das nicht reicht, dann stolpern sie - immer. Es scheint, bevor einer per Fersengeld entkommt, sieht man Pferde kotzen. Der gewöhnliche Teenager ist die Hauptnahrungsquelle für Helden wie Jason. Man wird einwenden, das er kein Kannibale ist – nur, weis man's? Keiner sieht was hinter der Kamera passiert. Jetzt wird man sagen (und mit Recht), das alles nur gespielt wird, das passiert nicht wirklich. Doch von der Imagination, von der Genrefreunde oft gerade soviel haben um mit Messer und Gabel zu essen, ist es nur ein Schritt dorthin wo Hannibal nebenan wohnt. Schließlich glauben Menschen (wenn sie welche sind) auch an den Jedi, Sorry, den Jeti, an UFOs, Bio-Nahrung und das unser Weltdorf eine Zukunft hat. ... Nun, vielleicht ist letzteres nicht mehr ganz so verbreitet in der dritten und vierten Welt. Uns geht es jedoch so gut, das wir uns damit beschäftigen was geschieht, wenn man am falschen Tag in den Wald geht – obwohl man hierzulande eher Waldsterben als Teenagermeucheln sieht. Wie auch immer, das Beste am Teenager ist: sie passen sich hervorragend der Umgebung an: wo sie sich auch verstecken, der Psychopath kann sie immer finden und sie lechzen nach delikaten Methoden von der Qual erlöst zu werden Hip & Doof zu sein. Zudem warten sie nicht mit komplexeren Themen auf als Sex, Drugs und Musik. Dem Drehbuch fällt auch hierzu nichts Neues ein – einige selbstironische Worte des Alibi-Schwarzen zum Thema Rassismus waren in den 70ern originell doch heute kommen sie peinlich daher. Natürlich hat das Original auch keine besseren Dialoge - wenn Nispel schlau ist, nimmt er diesen Verteidigungsgedanken auf, den Wolfgang Petersen anlässlich seines heftig kritisierten "Poseidon" (2007) von sich gab. Bei einem Remake kann man Schwächen immer auf das Original schieben - zu versuchen es besser zu machen fällt den Geisterbahn-Godards jedoch nicht ein. Die Kreativität des Filmes macht einen verstaubten Eindruck. Selbst die Kostüme sind aus dem 08/15-Shop – bei der Sehnsucht der Masse nach Individualität („Dein persönlicher Klingelton!“) geht ein Rudel Mittelklasse-Teens kaum in Uniform. Das gilt auch für die...

Musik:

Steve Jablonsky („The Island“, „Transformers“), hatte zum zweiten Mal den Auftrag für Nispel Töne zu erzeugen deren Brutalität jener auf der Leinwand nicht nachstehen sollte. Doch wie schon sein „The Texas Chainsaw Massacre“ kann auch dieser schwache Score in Grusel-Moll übergangen werden, so was hat man besser bei den „X-Files“ im TV gehört. Dies hier ist uninspiriertes Dröhnen sowie James Last im Suizidal-Modus. Das Gebräu reicht bei weitem nicht an den ironisch-derben Score des Originals heran den Harry Manfredini mit Freude am atonalen Experimentieren und an elektronischen Effekten komponierte (der den sparsamen Machern so gefiel, das sie ihn für zwei weitere Freitagsfilme unverändert nutzten.) Bedeutsamer ist das Songalbum mit den Metzgerhits – weil's gar so scheußlich ist. Natürlich fehlt die Musikvermarktung bei keiner zeitgemäßen Produktion. Dem Gemetzel hier dient an erster Stelle ein debiler Hitparadenmatsch zweitrangiger Musiker, die dankbar sein müssen um die Vermarktungschance ihrer Kopien von Kopien der Popgeschichte – rückwärts aufgenommen kann er als Soundtrack zum Remake des nächsten Freitagsfilmes dienen, das fällt kaum auf. Ein Schlusstrack von Jablonsky, sein Eröffnungsthema beendet die Abgeschmacktheit nach dem Motto: hier ist für jeden was dabei und so kotzt nicht nur das Pferd. Wer mag allen ernstes glauben, das dies faulige Tongesülze etwas mit dem Film zu tun hat, außer das es da und dort für Sekunden die lustige Action (also Sex & Drugs) untermalt. Damit das Schlageralbum mit dem Film zu tun bekommt ist die Eishockeymaske abgebildet, steht „Musik from the Movie“ drauf und ist das Originalstück von Jablonsky drin – was auch stilistisch ungemein passt. Man oder Frau muss zu den geistigen Notstandsgebieten der Welt zählen oder aus anderen Gründen unmündig sein, etwa 10 Jahre alt um das kaufen zu wollen. Bei dieser Imitation von Musik lernt garantiert die ganze Herde kotzen.

Letzte Worte:

Freitag der 13te ist der Versuch zu einem Kammerspiel, ein reduziertes Refugium, ein reduziertes Ensemble. Alles konzentriert auf das essentielle einer Vision von Horror, befreit vom Ballast des epischen auf eine karge Opfer-Täter-Umgebung – weit gefehlt. Seit Ridley Scotts "Alien" und John Carpenters "Halloween" wissen wir wie dies funktionieren kann. Doch was für diese gilt gerät bei Nispel zur Anmaßung. Seine kreativen Mittel sind im Vergleich zu den künstlerisch erfolgreichen Filmemachern nur rudimentär vorhanden. Da lockt noch jede Hamner-Produktion mehr als dies Elaborat des New–Family-Entertainment. Nichtsdestotrotz hat es am Startwochenende in der United Slaughter Association mit 43 Millionen Dollar den besten Filmstart des jungen Jahres erzielt und bei geschätzten Produktionskosten von 16 Millionen Dollar die Gewinnzone erreicht. Da ist der Papa mit dem Sohnemann statt zum Angeln ins Kino. Es waren kaum die üblichen verhinderten Serienkiller die Eintritt gezahlt haben. So schließen wir im Gedenken an glückliche Familien die statt mit Messer und Beil mit Cola und Chips bewehrt aneinander teilhaben. Generationenverbindendes Kino, das ist es. Weil so erfolgreich, darf Nispel sein nächstes Werk vorbereiten: der Realfilm zur PC-Game-Version von „Alice im Wunderland“.

Nachtrag:
In der zweiten Woche seiner Laufzeit in den US-Kinos verbuchte „Friday the 13th“ im Vergleich zur Startwoche einen Umsatzrückgang von über 80%. Entweder haben alle Massenmörder ihr Ticket gelöst oder es hat sich herumgesprochen was man sich mit dem Eintritt erwirbt.

Noch ein Nachtrag:
Eine Erklärung für den erfolgreichen Start könnte sein das ausschließlich dort wo „Friday the 13th“ lief der Teaser zu Michael Bays nächsten Opus gezeigt wurde: „Transformers 2 – Revenge of the Fallen“. Wollte man einen Ausblick auf diesen erlesenen Schund, musste man eine Karte für den Nispel kaufen.

Titel: Friday the 13th (Original)
Regie: Marcus Nispel
Drehbuch: Damian Shannon & Mark Swift
Musik: Steve Jablonsky (Score)
Filmlänge: ca. 97 min.
Produktionsjahr: 2008
Produktion: Paramount

Altersfreigabe: ab 18 (USA: R)

Kinostart: 13. Februar 2009 (Deutschland)
Photos: Paramount