Dienstag, 12. Juli 2011

Harry Potter & die Heiligtümer des Todes Teil 2 - Ein unmusikalischer Brei



Kino ist in erster Linie eine Angelegenheit der Emotionen, und wie erstaunlich ist es, wie gefangenes Licht, das Licht eines gespielten und manipulierten Spiels aus der Vergangenheit, unsere Emotionen der Gegenwart, der ständigen Jetztzeit, selbst manipulieren kann. Darum ist Kino auch eine Angelegenheit der Teilhabe, zwar nicht in der direkten Kommunikation mit den Agierenden aus Photonen, sondern in der Fähigkeit von der Abstraktion von Bildsymbolen und Abbildungen von divergierenden Darstellungen von Wirklichkeiten, hin zur Dechiffrierung in eine emotionale Stimme die uns direkt und verständlich anspricht, ganz als seien wir Teil und nicht – meist – Fremdgenießer der Aufführung. Dass im besten Fall dabei die Stimme der Emotion als auch die der emotionalen Intelligenz gleichermaßen beteiligt sind, versteht sich von selbst. Je überzeugender das Spiel in der Vergangenheit aufgenommen wurde, desto willfähriger überlassen wir uns der Manipulation und nehmen Teil und Anteil am geschehen. Die Meister der Manipulation nennen wir Regisseure, und neben ihren Legionen an Mitarbeitern, ihre sichtbaren Diener, Schauspieler und wir selbst nennen uns Zuschauer, obschon wir gar nichts zum Zuschauen haben, nur das Licht einer Vergangenheit auf unsere Wahrnehmungsorgane treffen lassen, die uns nie zuvor betroffen hat, uns nie zuvor persönlich hat teilnehmen lassen, und doch werden wir durch diesen kleinen Trick mit der Zeit und dem Licht Teil einer Geschichte, eines Abenteuers, eines Experimentes bei dem wir erst durch diesen Trick dabei sind. Je meisterhafter dieser Trick ausgeführt wird desto tiefer kann man Teil einer Geschichte werden. Je besser die Regie, das Drehbuch, die Dialoge und die Wortwahl, je besser die Bauten, Kostüme, die Kamera und die Ausleuchtung, je wahrhaftiger die Darsteller, je verständiger und tiefer die Musik, desto tiefer können wir Anteil nehmen am Geschehen und uns zeitweilig sogar, selbst im Geschehen wieder finden. Das macht den Zauber des Kinos aus, das ist die Magie von Zusammenarbeit von Schöpfern und von Genießern dieser Kunst, denn auch der Zuschauer trägt zum Spiel bei, nachträglich, sozusagen weiht er das Spiel mit der ganzen Art und Weise seiner Anteilnahme am immer unveränderlichen Spiel auf der Leinwand. Und ganz nach seinen eigenen Fähigkeiten und Situationen wird das auch das immer unveränderliche auf der Leinwand, mal so, mal anders wahrgenommen. Auch das macht den Zauber des Kinos, aber auch jeder anderen unveränderlichen Kunst aus: das man sich selbst als letzten Beteiligten an der Schöpfung eines Filmes oder jedes anderen Kunstwerkes begreift. Ohne den Sehenden bleibt die Leinwand dunkel, ohne den Hörenden ertönt keine Musik und ohne waches Herz, bleibt jede Geschichte fade oder um ein Potter-Zitat anzubringen: „… bleibt das Glas leer!“

Und wirklich genauso ist es, das Glas ist nicht halb voll, nicht halb leer, es ist leer. Mit dem programmatischen Es Endet Alles! versucht Warner Bros. auf den Zug einer Verliebtheit in neo-romantische Endzeitstimmungen aufzuspringen, also endet Potter mit Potter 7.b zwar dementsprechend aufgesetzt, aber das ist nur Werbeschminke und hat kein Gehalt und ist im großem und ganzen der schlimmste Film der Reihe. Meister der Manipulation, ob sie nun Tarkovski, Kubrick, Kurosawa oder Cronenberg heißen würden sich schämen so etwas als fertigen Film abzuliefern. Meister der Töne, wie Bernhard Herrmann, Jerry Goldsmith oder Howard Shore würden sich schämen dazu einen solchen Score zu verfassen wie in Alexandre Desplat verfasst hat – eine Beleidigung für das hörende Ohr, wenn den welche da sind um das zu hören. Den meisten wird es wohl gleich sein was für ein unsinnige und quälende Musik im ganzen Finallärm aus den Lautsprechern quillt: eine süßliche, richtungslose Nichtigkeit, die nur eine Geräuschquelle mehr auf der Tonspur ist, die so identitätslos ist das sie in jedem beliebigen zeitgenössischen Jugend-Fantasy-Abenteuer erklingen könnte – da helfen auch Williams-Zitate aus den ersten Filmen nicht: das hier ist keine Potter-Musik, das ist Dutzendware.

David Yates, auch hier Regisseur, hat mit seinem „Halbblutprinzen“, tatsächlich partiell Leinwandkunst versucht und geschaffen, auch wenn dazu den Produzenten nach gar kein Anlass bestand, schließlich wollte man ja nur Unterhaltung schaffen, das gleiche versuchte er auch – weniger Erfolgreich, aber sichtbar – beim ersten Teil der Heiligtümer. Hier nun, im Finale, haben ihn Warner Bros. und die anhängenden Produzenten, inklusive Originalautorin J.K. Rowling selbst, diese Flausen ausgetrieben oder zumindest in der letzten gültigen Schnittfassung jeden Ansatz dazu – und zum erzählen – herausgenommen. Was tatsächlich gedreht wurde bleibt wohl verborgen – was zu sehen ist, ist eine ungemütliche Achterbahnfahrt durch etwa die zweite Hälfte des Romans, die unverständiger nicht zusammengeklebt hätte werden können.

Wenn man dann, nach der Pressevorstellung, so die Vorstellungen des einen oder anderen Kollegen hört, dann graust es einen vor deren Weltwahrnehmung und Urteils-, also auch Teilnahmefähigkeit. Lobhudelei wird bezahlt, ob sich auch der Betrug an der eigenen Sache bezahlt macht? Nach zehn Jahren Harry Potter, in Buch, in Hörbuch und in Filmfassung, bleibt so ein unwürdiges Spektakel das denkbar schlechteste Vermächtnis der insgesamt großartig konzipierten Geschichte. Für mich ist damit Rufus Beck die Potter-Stimme schlechthin. Seine Interpretation in der Lesung der Originalromane, ist das, was mich im deutschsprachigen zu Potter gebracht hat und bleiben lässt. Die nicht immer wirklich gut geschriebenen Romane hebt er durch seinen Stimmenzauber auf ein Niveau, das sie ohne ihn nicht haben und die Filme nie hatten. Das dennoch so ab und wann im filmischen Potteruniversum so etwas wie Magie auftauchte waren dann eher Unfälle und ansonsten den oft mitreißenden Großteil der Schauspieler zu verdanken. Ihnen ist es nicht anzurechnen, das sie im Finale von einer Szene zur anderen Stolpern und dabei jeden hoffenden Zuschauer immer mehr hinter sich lassen. Am Ende bleibt nur wieder die Erkenntnis: das man Produzenten und andere Geschäftsleute manchmal zum Teufel jagen sollte, denn das hier hat keiner Verantwortet der was vom Filmemachen als Geschichtenerzählen versteht. Da entsteht nicht wenig Zorn, nicht wenig Enttäuschung, also sagt man sich eben, ist doch nur ein Film. Alles okay, ist nur ein Film. Was stimmt. Aber besser fühlt man sich nach dem Vorhang trotzdem nicht. Und wenn auch nur ein Teil unseres Eingangsgedanken zutrifft, dann haben die Schöpfer dieser Lichtwirklichkeit im großen Maßstab versagt, denn Teilhabe am Chaos, am undisziplinierten Chaos kann nicht aus dem Wunsch nach einer insgesamt linear fortschreitenden Erzählung entstehen, die nacheinander diverse Stationen einer epischen Tragödie abarbeitet, um sich dann, nach vielen Prüfungen zu Wandeln und letztendlich in einem Wohlgefallen wieder zu finden, mit dem alle Beteiligten auf und vor der Leinwand zufrieden sein können – ganz wie es die Romanvorlagen zeigen. Also gilt hier wie auch sonst: der Film ist nicht das Buch und beide sind nicht das Hörbuch. So bleibt letztendlich nur Rufus Beck mit seiner brillanten Sprachgestaltung, der uns Potter auch noch in Generationen nahe bringen wird, lange nachdem die Filme längst nur noch als historische Artefakte einer verwirrten Bildersprache gelten. Und abschließend: das dieser Film in 3D gedreht wurde, nun, es war einfach nur ungemütlich die Potter-Nachempfundene Brille zu tragen, aber einen 3D-Film habe ich dadurch auch nicht gesehen. Die paar Effekte die dadurch hervorgehoben wurden, waren eben nichts anderes als Effekte, der Erzählung haben sie nicht gedient, auch nicht einer herausragenden Optik. Noch etwas will ich an dieser Stelle und abschließend sagen: das man den Komponisten Nicholas Hooper, der nach den John Williams-Originalen, mit dem „Halbblutprinzen“ den besten Potter-Score geschrieben hat, zugunsten des gehypten Alexandre Desplat ausgetauscht hat, hat sich als böser Fehler erwiesen. Es bleibt dabei: David Yates „Halbblutprinz“ bleibt in vielerlei Hinsicht der beste Potter-Film und kein noch so laut angepriesenes 3D-Finale des Finals ändert was daran. Alles war nicht in Ordnung!

Freitag, 6. März 2009

Friday the 13½ or How to get the Uwe-Boll-Award

Preisrede:
Marcus Nispels Remake des von Müllfreunden als Klassiker markierten "Friday the 13th" (1980 von Sean S. Cunningham originär in Szene gesetzt) startete Dank eines grandiosen Einfalls der
Werbestrategen am – Freitag, den 13. Februar, doch wurde er der, nach einer Schwemme recycelter Produkte eh nur mäßig interessierten Presse vorenthalten (aber auch jenen die bei allem was sie Zwangsverpflichtet abarbeiten ekstatisch Jubeln). Eine Entscheidung der Verleiher die als Indiz für mangelndes Vertrauen ins eigene Produkt gelten darf.
Neuinterpretationen sind Teil des Filmgeschäftes, das es kaum KritikerInnen gibt die ein Remake für gelungen Beurteilen hält keinen davon ab diese immer wieder dem nachwachsenden Publikum feilzubieten, es scheint hinreichend profitabel die Filmgeschichte zu verramschen und gleichzeitig an der Neuen Lüsternheit auf Gewalt zu partizipieren. Regisseure die sich solcherart Verdingen zählen zum Bodensatz des Kinos, auch wenn nicht wenige Filmbesprecher von eigenen Gnaden in diesen Werken die Quadratur des Kreises wittern, da die Gewalt dort angekommen ist wo sie ihrer Meinung nach hingehört: ins Zentrum der Darstellung. Dabei wird rücksichtsloser den je auf die Sensation gesetzt, die Werbung wird zum Mantra des Obszönen: Extrem. Blutig. Konsequent. Brutal. Verstörend. Ob dies auf das jeweilige Werk zutrifft ist Belanglos, wichtig ist die so erweckte Aufmerksamkeit. So wurde unlängst in Hamburg zum Start des fünften „Saw“-Films auf dem beanstandeten Plakat mit den enormen Querbalken der Zensur geworben um auch dem simpelsten Gemüt zu bedeuten, das dies etwas ist das verboten, als anstößig empfunden wurde – und umso dringlicher gesehen sein will. Elemente des subtilen gelten bei Machern wie Konsumenten als verpönt. Verantwortliche verstehen sich als Genre-Regisseure die demselben neue Impulse zu geben suchen oder sie behaupten frech dem riginalwerk Referenz erweisen zu wollen.

Wie sieht es also mit Nispel aus, der nach einer Zusammenarbeit mit „Pearl Harbor“- und „Transformers“-Regisseur Michael Bay zum ersten gemeinsamen Remake „The Texas Chainsaw Massacre“ (2003) erneut von ihm produziert wird? Zuerst einmal fehlt ein stimmiges visuelles Konzept, stattdessen sieht man ein Durcheinander das sich Gegenseitig in seiner Banalität übertrifft. Da sind keine überlegt kreierten Szenen, keine suggestiven visuellen Brennpunkte, nur gereihte Momente von Halbtotale/ Kranfahrt/ Nahaufnahme denen die erzählende Struktur fehlt, prätentiös Glänzen wollen – was Daniel Pearl hinter der Kamera zu verantworten hat. Pearl, dessen erster Film Tobe Hoopers „The Texas Chainsaw Massacre“ von 1974 als extraordinärer Beitrag zur Verfallsgeschichte des Homo Technicus gilt, drehte danach meist Musikvideos bis er zum neuen texanischen Massaker auf Nispel traf. Mit manchen meint es das Schicksal eben nicht gut.
Kamera und Regie bekämpfen sich unaufhörlich, jeder versucht sich nach vorne zu drängen um das einfallslose Drehbuch umzusetzen. Dazu kommt ein misslungenes Timing des Filmschnitts und eine Dramaturgie die in B-Pictures der 50er Jahre en vogue aber schon zu Zeiten des Originals überholt war. Aufgesetzt sind die Versuche den Figuren ein Profil zu verpassen, lächerlich die Verrenkungen der Charaktere um zwischen dem Abschlachten irgendwas zu zeigen. Mechanisch werden Fallstricke die aus Teenagern Opfer macht abgespult. Aufdringlich all die in den Wäldern postierten Scheinwerfer um Szenen Stimmungsvoll ausleuchten, ein Disco-in-the-woods mit Taschenlampen wo Hitparadenklänge die Prä-Mörderei untermalen. Das Ergebnis eines Wochenendkurses in „Home-Video-Making“, verantwortet von einen der meint dass seine Vorliebe für ausgewaschene Farben zum ästhetischen Konzept reicht. Zum abwinken, kein Deut besser als das Original. Darum ein...

Zwischenwort:
Kino ist oft nur ein Glotzen – wenn etwa zu viel Dialog den Spaß verdirbt. Der Unterhaltungswillige muss mitarbeiten um visuelles und akustisches zu vereinen. Bei geringer Datenverarbeitungsgeschwindigkeit darf man den Prozessor nicht überlasten, so macht man bei den Kapazitätsfordernden Dialogen Abstriche. Filme mit wenig oder leicht verständlichem Wort sind die Beliebtesten. Deren Urvater ist George Lukas, sein "Star Wars" (1977), war der erste erfolgreich tönende Stummfilm. Rührig wie Lukas jeder normalen Satzstellung eine möglichst simple Alternative bastelte. Er war darin so Erfolgreich das es in "Star Wars" keine zwei Sätze gibt die hintereinander gesprochen Sinn machen. Heute wird diese Innovation von Autoren längst als erste Kunst verlangt. Immer weniger bieten Unterhaltungsfilme mehr als das nötigste in schlagwortartigen Brocken an. Derart verschont von der Last Filme auf sprachlicher Ebene verstehen zu müssen, kann man sich ganz dem Flackern und Dröhnen widmen. Auch da hat Lukas seine Finger drin, mit seinem THX-Zertifikat, der "Totalen Hörgeschädigten Extension" erreichte er die erste weltweite akustische Gleichschaltung. Mittlerweile gibt es nur noch im Vatikanstaat Kinos die sich nicht das Lukaskreuz an die Wand genagelt haben. Dort mag man wie eh den Mono-Klang der Kirche ... nun Geräusche als Effekte, die gibt es also derart in Qualität und Quantität im modernen Film als auch in völlig übertriebener Lautstärke und an den unpassendsten Stellen in Nispels Arbeit das man sich wundert wie da mehr als drei Worte Zeit ist was zu sagen. Da sich jedoch die meisten Seelenzustände der Anglomanen mit den Begriffen "Shit", "Fuck" und "Oh my God" (was schon als literarisch gilt) ausdrücken lassen kann man diese – ohne das sie stören – zwischen Explosionen oder Pistolenschüssen platzieren. Die Anspruchsvollen lassen sich aber auch mal zu Reminiszenzen an Filmklassiker verführen wenn sie statt das schnöde "Shit" zu bringen, aus den "Hillbilly Gore-Killers" von 1976, "Shit - mich hat's erwischt!" zitieren. Auch der Nispel versteht sich als A-Gardist. Nehmen wir an das im Original das Opfer durch einen Pfeil ins Auge getötet wird, er hingegen würde sein Schlachtvieh durch einen Bolzenschuss in die Genitalien abarbeiten - man kann's ja auch übertreiben Nispel! Doch weil's überall so gemacht wird (und US-Baumärkte dieses Marktsegment Sponsoren) muss mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden (im genital-heimwerklerischen Sinne.) Dennoch: die dargestellte Gewalt hält sich vergleichsweise in Grenzen. Wer an „Hostel“, „Saw“ oder „Frontier(s)“ gewöhnt ist findet hier schlampiges Handwerk, sieht das Nispel nicht in der Lage ist den im Genre inzwischen üblichen Extremen Gestalt zu geben. Oder wollte man der Zensur zuvorkommen und sich darauf beschränken was einem Teenager-Zielpublikum vorgesetzt werden darf? Mitnichten, an debile Erotikstreifen der 70er Jahre angelehnte Sexszenen sprechen dagegen, in den Staaten hat er hierfür keine Jugendfreigabe bekommen. Trotz schludrigen Abhakens der Tötungsdelikte wurde die gewonnene Zeit nicht genutzt um der Erzählung Raum zu geben. So kommen wir zum...

Helden:
Der Held heißt Jason dessen diverse Darsteller anders als die der Opfer nun zum zwölften Mal ihren Scheck kassieren. Da Feuer speiender Stiere Mangelware sind lässt er seine Wut am Film-Teenager aus. Diese gibt es in allen Farben, Formen, Größen, sie treten in praktischen Familienpackungen auf, sind meist Fettarm, wunderbar dämlich und daher leicht einzuwickeln (wenn man Wert auf Leichentücher legt), laufen mit ganzem Herzen (sofern sie es eine Viertelstunde nach Filmbeginn noch haben) ins Messer, in die Axt und legen sich nett vor die laufende Kettensäge um den oft deformierten Laufapparat des jeweiligen Metzgers zu schonen - meist gehen diese ja, langsam, fast bedächtig, aber wie eine unaufhaltsame, fiese, monströse Naturgewalt kommen sie näher und näher ... und noch näher. Warum die fit-fidelen Appetithäppchen es nicht schaffen ihre Rekordzeiten vom Sportunterricht in diesen Situationen einzusetzen ist eines der bestgehüteten Geheimnisse der Branche. Straffer Schenkel, sich wölbender Bizeps, Waschbrettbauch, keine Orangenhaut und dennoch kriechen sie wie Oma joggt und wenn das nicht reicht, dann stolpern sie - immer. Es scheint, bevor einer per Fersengeld entkommt, sieht man Pferde kotzen. Der gewöhnliche Teenager ist die Hauptnahrungsquelle für Helden wie Jason. Man wird einwenden, das er kein Kannibale ist – nur, weis man's? Keiner sieht was hinter der Kamera passiert. Jetzt wird man sagen (und mit Recht), das alles nur gespielt wird, das passiert nicht wirklich. Doch von der Imagination, von der Genrefreunde oft gerade soviel haben um mit Messer und Gabel zu essen, ist es nur ein Schritt dorthin wo Hannibal nebenan wohnt. Schließlich glauben Menschen (wenn sie welche sind) auch an den Jedi, Sorry, den Jeti, an UFOs, Bio-Nahrung und das unser Weltdorf eine Zukunft hat. ... Nun, vielleicht ist letzteres nicht mehr ganz so verbreitet in der dritten und vierten Welt. Uns geht es jedoch so gut, das wir uns damit beschäftigen was geschieht, wenn man am falschen Tag in den Wald geht – obwohl man hierzulande eher Waldsterben als Teenagermeucheln sieht. Wie auch immer, das Beste am Teenager ist: sie passen sich hervorragend der Umgebung an: wo sie sich auch verstecken, der Psychopath kann sie immer finden und sie lechzen nach delikaten Methoden von der Qual erlöst zu werden Hip & Doof zu sein. Zudem warten sie nicht mit komplexeren Themen auf als Sex, Drugs und Musik. Dem Drehbuch fällt auch hierzu nichts Neues ein – einige selbstironische Worte des Alibi-Schwarzen zum Thema Rassismus waren in den 70ern originell doch heute kommen sie peinlich daher. Natürlich hat das Original auch keine besseren Dialoge - wenn Nispel schlau ist, nimmt er diesen Verteidigungsgedanken auf, den Wolfgang Petersen anlässlich seines heftig kritisierten "Poseidon" (2007) von sich gab. Bei einem Remake kann man Schwächen immer auf das Original schieben - zu versuchen es besser zu machen fällt den Geisterbahn-Godards jedoch nicht ein. Die Kreativität des Filmes macht einen verstaubten Eindruck. Selbst die Kostüme sind aus dem 08/15-Shop – bei der Sehnsucht der Masse nach Individualität („Dein persönlicher Klingelton!“) geht ein Rudel Mittelklasse-Teens kaum in Uniform. Das gilt auch für die...

Musik:

Steve Jablonsky („The Island“, „Transformers“), hatte zum zweiten Mal den Auftrag für Nispel Töne zu erzeugen deren Brutalität jener auf der Leinwand nicht nachstehen sollte. Doch wie schon sein „The Texas Chainsaw Massacre“ kann auch dieser schwache Score in Grusel-Moll übergangen werden, so was hat man besser bei den „X-Files“ im TV gehört. Dies hier ist uninspiriertes Dröhnen sowie James Last im Suizidal-Modus. Das Gebräu reicht bei weitem nicht an den ironisch-derben Score des Originals heran den Harry Manfredini mit Freude am atonalen Experimentieren und an elektronischen Effekten komponierte (der den sparsamen Machern so gefiel, das sie ihn für zwei weitere Freitagsfilme unverändert nutzten.) Bedeutsamer ist das Songalbum mit den Metzgerhits – weil's gar so scheußlich ist. Natürlich fehlt die Musikvermarktung bei keiner zeitgemäßen Produktion. Dem Gemetzel hier dient an erster Stelle ein debiler Hitparadenmatsch zweitrangiger Musiker, die dankbar sein müssen um die Vermarktungschance ihrer Kopien von Kopien der Popgeschichte – rückwärts aufgenommen kann er als Soundtrack zum Remake des nächsten Freitagsfilmes dienen, das fällt kaum auf. Ein Schlusstrack von Jablonsky, sein Eröffnungsthema beendet die Abgeschmacktheit nach dem Motto: hier ist für jeden was dabei und so kotzt nicht nur das Pferd. Wer mag allen ernstes glauben, das dies faulige Tongesülze etwas mit dem Film zu tun hat, außer das es da und dort für Sekunden die lustige Action (also Sex & Drugs) untermalt. Damit das Schlageralbum mit dem Film zu tun bekommt ist die Eishockeymaske abgebildet, steht „Musik from the Movie“ drauf und ist das Originalstück von Jablonsky drin – was auch stilistisch ungemein passt. Man oder Frau muss zu den geistigen Notstandsgebieten der Welt zählen oder aus anderen Gründen unmündig sein, etwa 10 Jahre alt um das kaufen zu wollen. Bei dieser Imitation von Musik lernt garantiert die ganze Herde kotzen.

Letzte Worte:

Freitag der 13te ist der Versuch zu einem Kammerspiel, ein reduziertes Refugium, ein reduziertes Ensemble. Alles konzentriert auf das essentielle einer Vision von Horror, befreit vom Ballast des epischen auf eine karge Opfer-Täter-Umgebung – weit gefehlt. Seit Ridley Scotts "Alien" und John Carpenters "Halloween" wissen wir wie dies funktionieren kann. Doch was für diese gilt gerät bei Nispel zur Anmaßung. Seine kreativen Mittel sind im Vergleich zu den künstlerisch erfolgreichen Filmemachern nur rudimentär vorhanden. Da lockt noch jede Hamner-Produktion mehr als dies Elaborat des New–Family-Entertainment. Nichtsdestotrotz hat es am Startwochenende in der United Slaughter Association mit 43 Millionen Dollar den besten Filmstart des jungen Jahres erzielt und bei geschätzten Produktionskosten von 16 Millionen Dollar die Gewinnzone erreicht. Da ist der Papa mit dem Sohnemann statt zum Angeln ins Kino. Es waren kaum die üblichen verhinderten Serienkiller die Eintritt gezahlt haben. So schließen wir im Gedenken an glückliche Familien die statt mit Messer und Beil mit Cola und Chips bewehrt aneinander teilhaben. Generationenverbindendes Kino, das ist es. Weil so erfolgreich, darf Nispel sein nächstes Werk vorbereiten: der Realfilm zur PC-Game-Version von „Alice im Wunderland“.

Nachtrag:
In der zweiten Woche seiner Laufzeit in den US-Kinos verbuchte „Friday the 13th“ im Vergleich zur Startwoche einen Umsatzrückgang von über 80%. Entweder haben alle Massenmörder ihr Ticket gelöst oder es hat sich herumgesprochen was man sich mit dem Eintritt erwirbt.

Noch ein Nachtrag:
Eine Erklärung für den erfolgreichen Start könnte sein das ausschließlich dort wo „Friday the 13th“ lief der Teaser zu Michael Bays nächsten Opus gezeigt wurde: „Transformers 2 – Revenge of the Fallen“. Wollte man einen Ausblick auf diesen erlesenen Schund, musste man eine Karte für den Nispel kaufen.

Titel: Friday the 13th (Original)
Regie: Marcus Nispel
Drehbuch: Damian Shannon & Mark Swift
Musik: Steve Jablonsky (Score)
Filmlänge: ca. 97 min.
Produktionsjahr: 2008
Produktion: Paramount

Altersfreigabe: ab 18 (USA: R)

Kinostart: 13. Februar 2009 (Deutschland)
Photos: Paramount

Samstag, 14. Juli 2007

Film "Transformers"

Der Krieg im Kinderzimmer

US-Regisseur Michael Bay, der sich mit ideologisch verbrämten Entertainment wie „The Rock“, „Armageddon“, „Pearl Harbor“ oder zuletzt „The Island“ als Kassenträchtiger Manipulator von Geist und Seele etablieren konnte, und sich als Produzent der Neuauflagen des „Texas Chainsaw Massacre“-Franchise in den Club der Menschenverächter der Unterhaltungsindustrie einschrieb, wagt sich mit seinem neusten Medienanschlag auf für ihn bis dato unerobertes Terrain. Mit „Transformers“ serviert er sein erstes kinderfreundliches Kriegsvideo mit einem Produktionsbudget von 150 Millionen Dollar auf Filmformat aufgeblasen und das in Digital befreiter blutloser Art, quietschmetallbunt, fröhlich-fidel-geil und arglos-sinnlos Schwadronierend. Ein Thema das bisher so genannten Erwachsenen und Heranwachsenden vorbehalten war (wenn wir Internet, Schule und den Freundeskreis unserer Kleinen außen vor lassen), erobert nun die Kreise jener, die noch nicht lange den Windeln entwachsen sind (oder gerne dahin zurück möchten.)

„Transformers“ sind Spielfiguren die sich, wie der Name verheißt, verwandeln können, zumeist in Autos, Hubschrauber, Panzer und anderes Kriegsdienliches Flug- und Fahrgerät. Sie tauchten zum ersten Mal in den frühen 80er Jahren in den Spielzeugläden auf und haben sich seitdem eine respektable Käuferschaft kultischer Verehrer aller Altersstufen von der Windelklasse bis zum frühsenilen Schwachsinnsein erobert. „Transformers“ gibt es als regelmäßig neu aufgelegte Spielfiguren, als Comic-Serie, als Zeichentrick-Serie, als Animationsfilm und nun als Realfilm, wobei der Begriff Real nur auf die Methode der Präsentation, nicht aber auf die inhaltliche Ausarbeitung anzuwenden ist. Denn die ist soweit weg von jeder Art wirklichen Lebens auf diesem Planeten, das man schon ein sehr seltsamer Teenager, Soldat oder gar ein sehr seltsamer Verteidigungsminister sein muss um sich in diesem Elaborat wieder zu erkennen. Dass dies aber ein Anliegen der Macher war, verraten jene dem Eingeweihten oder auch eingeseiften Journalisten im für den Filmclip präparierten Pressematerial das dem Filmkritiker fertige Satzkonstruktionen, Ansichten und Meinungen vorkaut, auf das er selbst gar nicht wissen und erkennen muss, was ihm oder ihr da serviert wird. So erfahren diese und auch wir anderen die sich lieber zu hause waschen als im Kino eine geseift zu bekommen, das auf der einen Seite etwa ein großer Respekt vor der von Marktstrategen der Spielzeugfirma Hasbro entworfenen Mythologie und ihre Bedeutung für alle Transformerkäufer von Anfang an da war und auf der anderen Seite aber auch unbedingt eine sehr menschliche Geschichte erzählt werden sollte. Den Respekt nehmen wir den Machern ab, man will seine Kunden nicht verprellen bevor sie bezahlt haben, das man dazu auch in die Abgründe des ekelhaften Verführers selbst hinabsteigt, sich nicht entblödet für den Erfolg der Produktion auf dem erweiterten Markt sich selbst zum Schandmal menschlicher Kulturgeschichte zu machen, zeigt der als Ausführender Produzent gelistete Steven Spielberg. Er erzählt, dass er die Comics und Spielzeuge für sich selbst kauft, das er zwar mit seinen Kindern und den Robotern spielt, aber tatsächlich sei er derjenige der voll darin aufgegangen ist. Ja, genau das haben wir immer schon vermutet, steht doch hinter dem Geist von Indiana Jones, „E.T“. und „Schindlers Liste“, „München“ eine Verwandlungsfähigkeit die wir nie Begriffen hatten. Nun sorgt der Meister selbst für Klarheit, er ist ein Unterhaltungsregisseur der sich in einen dramatischen Regisseur verwandeln kann. Dumm nur das seine Macher vergessen haben ihm diese Fähigkeit auch im inneren mitzugeben und nicht nur auf die Verpackung zu schreiben.

Nachdem geklärt ist warum Herr Spielberg an Bord dieser Produktionen ist brauchen wir uns den Motivationen der anderen nicht mehr zuwenden, den obgleich alle anderes sagen: es geht nur ums Geld und natürlich auch weil Michael Bay sich wenigstens einmal seine Berufsbezeichnung die er auf dem Gehaltsscheck angibt verdienen wollte und einen Stoff von Gehalt, will sagen was Anspruchsvolles drehen wollte. Da kam ihm ein Kriegsfilm für Kinder recht, einer der mal einen unüblichen Ansatz bietet: sonst sieht man Kinder immer in Kriegsfilmen, Sie wissen schon, wie sie sterben, weinen, verhungern, geschlagen, gedemütigt und getötet werden, aber das tolle an diesem Kriegsfilm ist, er ist für Kinder gemacht und darum sieht man kein einziges drinnen sterben obwohl viele Menschen durch alle Altersklassen hindurch und ein paar Roboter draufgehen. Ein neuer Ansatz für eine neue Zielgruppe, samt neuer Vermarktungsidee und das wird dann auch die menschliche Idee hinter diesem Werbefeldzug sein, das militante Kind, gleich welchen Alters, anzusprechen, denn im Filmclip ist nichts anderes zu finden. Bevor Sie aber in finstere Gedanken abdriften, gehen wir ans derb Handfeste, an die witzigen Fakten wie Sie Ihnen im Kino serviert werden sollen, sofern Sie so übel dran sind sich mit solchen Elaboraten Unterhalten lassen zu können. Wir wissen nun, das der Film auf dem ihn Namen gebenden Spielfiguren basiert. Nun wollen Sie sicherlich wissen um was es denn in diesem Produkt geht? Ja, um was eigentlich? Lassen Sie uns gemeinsam zurückblicken…

… Da gibt es einen Würfel (der nichts mit Clive Barkers „Hellraiser“ zu tun hat), der irgendwann, irgendwoher kam und DIE Power hat, ein Würfel mit dem göttlichen Funken eben. Er sorgt für Leben und Entwicklung im Universum und regelt alles so wie es ihm gefällt. Nachdem Harmonie und alles umfassende Liebe das Universum erfüllt wird es einigen zu Langweilig, sie fangen an zu marodieren (Milton und DIE Bibel lassen grüßen) und sie revoltieren wider ihrem Schöpferwürfel und alles geht in die Brüche und dabei kaputt. Während die Welten in Krieg und Trümmer baden, geht der Würfel verloren, macht sich vielleicht auch aus dem Trümmerstaub. In der Folge initiiert der Eckige Gott seine Bruchlandung auf einem Planeten der von seinen primitiven Bewohnern Erde genannt wird. Und damit kommen wir ins Spiel, denn falls Sie es noch nicht geschnallt haben, die primitiven Bewohner sind wir, nicht die Affen, die kommen erst noch auf – aber nicht mehr in diesem Filmclip. In der Zwischenzeit dienen wir eben den Mächten der Erschöpfung als fleischgewordene Spielkugel. Aber weiter im atemlosen Taumel der Geschichte die ein wenig Architekturgeschichte bemüht und uns erklärt warum der Hooverdamm wirklich gebaut wurde, Sie würden staunen, aber uns interessiert das nicht. Wichtig ist, der Würfel ist hier und diejenigen die sich um ihn im Krieg bemühen sind ihm auf den Fersen.

Der Krieg um die All-Macht, denn um diese geht es (und um Total-Umsatz), kommt so vor unsere Haustüre und wie es das Zielpublikum will, in die Hände eines stark pubertierenden US-amerikanischen Jünglings. Der Rest ist Geschichte, aber Anti-Geschichtenerzählerei. Es gibt das passende Teenager-Mädchen, das in ihrer körperlichen Entwicklung dem Jungen um ein paar deutlich erkennbare Jahre überlegen ist, es gibt das passende Auto (sonst hätte der jenes darstellende Transformer auch keinen Sinn in seinem Leben) und es sind die passenden mehr oder weniger für die Nöte ihres Heranwachsenden, verständnisvollen Eltern da. Ferner gibt es da naturgemäß eine Menge Soldaten, Panzer, Flugzeugträger, Überwachungsflugzeuge und Kampfjäger, alles eben was in eine Problembeladene Pubertät moderner US-Amerikaner gehört. Ah, beinnahe vergaß ich zu erwähnen, am Beginn des Streifens, so ziemlich zu einer Zeit in der die Lage noch überschaubar ist, wird eine ganze US-Militärbasis irgendwo im Nahen Osten ausradiert, nein nicht von den eigenen Leuten wie man das kennt, sondern von ROBOTERN. Und um die temporeiche wie temporäre Schmach des großen Kreuzritters aus Texas vollkommen zu machen: von einem einzigen Blechkumpel. Was der Kerl (ein BÖSER Transformer) da in die Soldaten und ihre Panzer, Flugzeuge, Munitionslager, Baracken, Krankenstationen und Funkzentralen feuert ist nicht mehr feierlich. Jeder Anti-US-Amerikaner führt dabei im Kino einen Freudentanz auf, darum wird der Film auch außerhalb der USA die besten Kritiken für die ersten fünf Minuten bekommen und wohl in extrem gekürzter Fassung zum Klassiker werden.

Aber lassen Sie uns Tempo zu machen: irgendwann gelangt der Junge irgendwie unter irgendwelchen Umständen in den Besitz des Würfels der Nicht-Gott-aber-so-ähnlich ist und erfährt dabei endlich warum der Hooverdamm (der früher anders hieß) nun wirklich erbaut wurde – aber das nur Nebenbei. Wir erfahren, dass seine (noch) platonische Schulfreundin als All-American-Girl Autos kurzschließen kann, irgendeine kriminelle Vergangenheit hinter sich hat und wie der Teufel fährt. Weiterhin erfahren wir von Soldaten, die irgendwie doch das Massaker zu Beginn des Filmclips überlebt haben und die nun irgendwie mitten hinein in das Hauptschlamassel, in die dampfende Körperausscheidung gesandt werden. Das man dabei das Gefühl hat, das geschieht damit die US-Groundforces ihre neuen Killentwicklungen präsentieren können, soll nicht stören, schließlich ist dieser Film ein Multiwerbeclip für Transformers, US-Armee, General Motors und American-Deathculture in einem.

Um das zu untermauern haben die Macher nicht nur die Unterstützung des genannten Autoherstellers, sondern in erster Linie jene des Pentagons bekommen. Sie Zweifeln? Aber nicht doch. Das Verteidigungsministerium hat Herrn Bay, Freund von Jerry „The Army“ Bruckheimer, jenen Militärbesessenen Filmproduzenten der uns die meisten Bay-Filme ins Kino brachte, voll unterstützt. Das Produktionsteam durfte auf aktiven Luftwaffen- und Militärstützpunkten und im Pentagon selbst drehen, ganz nach dem Motto Business as usual: der 11. September ist vorbei, last Hollywood wieder Reklame für uns machen. Kriegsspiel unter fachmännischer Anleitung der Armee. Das hört man gern, so ist für Qualität gebürgt, schließlich wurden bis auf wenige Ausnahmen alle militärischen Rollen, samt den Statisten, von sich im Dienst befindlichen oder ehemaligen Soldaten gespielt. Schön, diese Verbundenheit einer Gesellschaft mit seinem Militär. Von wegen Vorurteile, von wegen Überflüssig, von wegen Mörder. Sind alle nette Jungs und Mädels die für uns vor der Kamera schießen, fliegen, landen, starten, Ausladen, einladen, suchen und So-tun-als-ob-zerstören. Und der US-Steuerzahler spart dabei: der Sold des für den Film aufmarschierenden Tötungspersonals wurde für die Dauer dieses speziellen Einsatzes von der Filmproduktion gezahlt. Was sich rechnet, denn statt ausschließlich Tricktechnische Eigenbauten bekommt man hier meist das Echte zu sehen. Dafür bietet etwa die Air-Force einige ihrer schärfsten Tötungsmaschinen auf die Herr Bay in emotionales Rot, in flackerndes Strahlelicht taucht. Selten wurde aktuelle Militärtechnik so schön in Aktion photographiert, da muss den Maßgeblichen im Pentagon heiß unterm Helm und warm ums Stahlherz geworden sein. Die aufmarschierende Phalanx von Technik darf in der von Herrn Bay zu verantwortenden heldisch-ästhetisierten Inszenierung sicher als der gelungenste Hochglanzakt von Maschinenpornographie der letzten Jahre gewertet werden: so wird die protzende Darstellung der Massentötungsmechanismen ihre Wirkung bei Militärfans und Waffennarren auch nicht verfehlen.

Das der enorme Apparat dazu dient allzu offensichtliche, gravierende Mängel in der Erzählung, der Ausarbeitung von Charakteren, der Entwicklung des Plots, die gesamte künstlerische Impotenz des Drehbuches und des Regisseurs aus der Wahrnehmung des Publikums zu drängen ist nichts Besonderes im Unterhaltungskino. Was „Transformers“ jedoch aus der Masse vergleichbarer Produkte hebt, zu einem infamen Werkzeug der Maxime „Umsatzoptimierung um jeden Preis“ macht, ist sein offen formulierter Anspruch auf die Kolonisierung des Kinderzimmers. Ein kindgerecht zu Recht(ens) gemachter Kriegsfilm, der sich Dank der Beliebtheit eines Spielzeuges dort als sechste Kolonne einnistet. Schwerfällig mit einigem phantastischen Element verbrämt, bleibt er was er ist und wird auch durch noch so geschickte Werbung für diese Werbung nichts anderes: ein Kriegsspiel das mit allen Mitteln des tricktechnischen Kinos und der Militärs aufwartet um Vorstellungen von Chaos und Vernichtung, von Massentöten und Heldentum in aufnahmebereite Köpfe zu transportieren. Michael Bay hat dabei von Ridley Scotts Kriegsheldenepos „Black Hawk Down“ gelernt: die Visualität von „Transformers“ ähnelt zu oft frappierend jenen Bildern die Herrn Scotts Film zum State-of-the-Art des Krieg-in-den-Straßen-Filmes machten. Aber natürlich fliest hier kein Blut, nur Schweiß und Tränen. Der rote Körpersaft wird so sorgsam ausgespart das man der Meinung sein könnte, Menschen wären mit Stroh gefüttert. Es wird allerorten gestorben: erschossen, zermanscht, zertreten, in die Luft gejagt, zerstrahlt, erschlagen und vom Feuer verschlungen. Das es dabei keine Leichenteile, kein Blut, nicht einmal wirklich sichtbare Tote gibt ist eine demagogische Meisterleistung. Wahrscheinlich merken die Kleinen erst dass es mit der Wirklichkeit anders bestellt ist, wenn sie bei ihrem ersten freudig erwarteten Kriegseinsatz eine Kugel in den Bauch bekommen. Das blutet wie Sau! Und tut höllisch weh! UND: ach Misst, gerade jetzt ist kein Transformer da der einen aus der Patsche herausholt.

Schöne Aussichten: wenn die kommenden Generationen lustiger Rekruten mit dem Transformersliedchen auf den Lippen in den nächsten Terrorristen- und Ölkrieg zieht. Dass sich das auch entsprechend anhört, dafür sorgt ein Komponist aus dem Hause Hans Zimmer, einer jener Klone des Meisters, die daran arbeiten das sich Musik Made-in-Hollywood immer weniger voneinander unterscheidet. Herr Zimmer („Gladiator“, „Pearl Harbor“, „Der Da Vinci-Code“), Meister patriotisch-heldischer Akustikpopanzen mit einfacher Melodieführung und energischen Marschrhythmen ist der Urheber dieses Trends einer neuen Filmmusik, die bereits heute die Altgewohnte ist. Sein Schüler Steve Jablonsky („The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning“, „Die Insel“), der mehr Talent hat als er hier zeigen darf, muss den Meister, soweit in seinen Kräften stehend, kopieren. Wer den Film hört, fragt sich schon welcher Komponist das sein soll, denn die Auswahl an vom Meister sanktionierten Klonen reicht ins Dutzendfache. Doch bei der Uniformität des momentanen Kinos aus Hollywood macht es schließlich auch keinen Sinn Komponisten mit individueller Tonsprache einzusetzen. Man will Erfolg und Erfolgreich ist, was Erfolgreich war. Und damit sein wird. Und so wird, wenn man den Machern ihre Wünsche erfüllt, dieser Filmclip nur der angedrohte BEGINN eines Film-Franchise denn man in den nächsten Jahren fortzusetzen wünscht – wenn die US-Truppen nicht mal wieder damit beschäftigt sind anderswo arme Zivilisten über den Haufen zu schießen, stehen sie natürlich wieder als Statisten für Zivilisten zur Verfügung – aber das sind Zivilisten mit Geld, die bezahlen noch für ihren Tod, der ja nurgesunderkeinen Geist. Das dieses Endziel seelischer Auslöschung schnellstmöglich erreicht wird bietet die US-Todeskultur alles auf und wir, als Kolonien multipler Abhängigkeiten hängen da natürlich mit drin. ein geistiger ist, denn MERKE: nur ein gesunder amerikanischer Körper hat keinen Geist. Das dieses Endziel seelischer Auslöschung schnellstmöglich erreicht wird bietet die US-Todeskultur alles auf und wir, als Kolonien multipler Abhängigkeiten hängen da natürlich mit drin.

Absch(l)ießend darf einer der Beteiligten selbst die Qualität der Sache aus seiner Sicht kommentieren: vor-der-Kamera-herumsteher Shia LaBeouf hat in seiner Hauptrolle als Sam „Die Pubertät“ Witwicky kein Wort von Belang zu sagen, deshalb macht er das naiv-freundlich in seinen Worten zum Regisseur. Über ihn sagt er: „Die Leute lieben Michael Bay oder sie hassen ihn. Das ist einfach eine Tatsache“, lacht er. „Er ist kein Elia Kazan, das sagt Mike auch selber. Natürlich ist mein Ziel mit allen Arten von Regisseuren zu arbeiten“. David Cronenbergs frühe Regiearbeit „Scanners“ warb einst mit der Zeile „Wenn Gedanken töten können!“ Das Hollywood von heute hat diese imaginäre Geisteswaffe als Prinzip verstanden, seine Filme werden mehr und mehr auf Zelluloid gebannte Parolen, Gebote und Verbote, visualisierte Dogmen. Terrorismus trägt den Krieg in die Städte des Feindes, Hollywood trägt ihn in die Kinderzimmer der Städte. Dort lässt sich eine Art Wachablösung beobachten: so wie das Wort mehr und mehr durch das Bild ersetzt wird, werden erwachende, heranwachsende Menschen von der heranwachsenden sprachlosen Masse abgelöst.


Originaltitel: Transformers
Deutscher Verleihtitel:
Transformers
Regie
: Michael Bay

Drehbuch
: Roberto Orci & Alex Kurtzman

Ausführender Produzent
: Steven Spielberg

Darsteller
: Shia LaBeouf, Megan Fox, Jon Voight, John Turturro

Musik
: Steve Jablonsky

Dauer:
ca. 144 Minuten
Produktionsland
: USA 2007

Kinostart Deutschland: 02.08.2007
Verleih: Universal Pictures
Voraussichtliche Altersfreigabe: ab 12 Jahren
US-Altersfreigabe: ab 13 Jahren